Der Mammon weiß nichts von Gut und Böse
Karl Barth über die Macht des Geldes
»Ohne Geld keine Schweizer. Ohne Geld keine Kultur. Ohne Geld keine Ruhe und Rast. Ohne Geld keine Freude und keine Zufriedenheit. Ohne Geld leider auch kein Christentum. Ja, wir leben vom Geld. Wer das Geld hat, der wird respektiert und gefürchtet, der hat die Behörden von vornherein für sich, der kann, wenn es sein muß, auch den Gesetzen und Ordnungen eine kleine Nase drehen, der richtet sich überhaupt die Welt so ein, wie es ihm paßt. Er kann befehlen, und er kann, wenn er will, auch bestrafen, wie ein zweiter lieber Gott. Er kann mit seinem Geld, wenn es sein muß, auch Liebe und Barmherzigkeit spenden mit vollen Händen, mit seinem Geld in der Welt, die vom Gelde lebt, und kann dafür die Verehrung und Dankbarkeit und den ewigen Gehorsam der Anderen in Empfang nehmen. Und dabei kann er persönlich vielleicht ein ganz vortrefflicher, vielleicht aber auch ein sehr zweifelhafter oder schlechter Mensch sein. Das ist gerade das Entscheidende, daß es darauf nicht ankommt. Der Mammon weiß nichts von Gut und Böse. Der Mammon ist einfach Macht. Als Macht kommt er über die Menschen. Als Macht zwingt er sie in seinen Dienst, Macht schenkt er ihnen in unendlicher Fülle, wenn sie ihm einmal Untertan sind.« (Karl Barth, Predigt zu Lk 16,19-26 (1915), in: Predigten 1915 (GA I.27), 264).