Großes Medien-Echo: Gymnasiasten beerdigen Schul-Skelett

Beckers Neuland. Irgendwas mit Medien - Bernd Becker

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Generationen von Schülerinnen und Schülern am Ritzefeld-Gymnasium kannten das Skelett aus dem Biologie-Unterricht. Keiner konnte sich mehr daran erinnern, wann und wie es einmal nach Stolberg, einer kleinen Stadt in Nordrhein-Westfalen, gekommen war.

Offensichtlich stammte es von einer Asiatin. Möglicherweise war die Frau im Vietnamkrieg gestorben. Damals sollen Leichen von Toten zu Schul-Skeletten gemacht worden sein, das ergaben Recherchen am Gymnasium. Ein evangelischer Religionskurs der Schule hat sich jetzt dafür eingesetzt, dass das Skelett nicht mehr im Unterricht verwendet wird. Da es zu einem Menschen gehörte, sollte es endlich seine letzte Ruhe finden. Und tatsächlich feierten 55 Schülerinnen und Schüler schließlich einen Gedenkgottesdienst, und das Skelett wurde auf dem Friedhof auf einem anonymen Gräberfeld würdig beerdigt.

Über dieses Engagement der Jugendlichen aus Stolberg haben etliche regionale und überregionale Medien berichtet. Darunter die Stolberger Zeitung, die Hannoversche Allgemeine, Spiegel online, der WDR und die Bild-Zeitung. Eine Übersicht findet sich auf der Homepage des Gymnasiums unter: http://ritzefeld-gymnasium.de/blog/sonstige/abschiedsgottesdienst-fuer-unser-schulskelett/

Die Evangelische Kirchengemeinde Stolberg erzählt auf ihrer Homepage ebenfalls von diesem ungewöhnlichen Ereignis. Caren Braun, die Pressereferentin des Kirchenkreises Aachen, schreibt davon, dass die Schülerinnen und Schüler „liebevoll einen großen Karton mit Blumen und Schmetterlingen“ gestalteten. Zudem kleideten sie den Karton mit einem roten Tuch aus, gaben einen Brief dazu und legten die Knochen der Frau hinein - ohne die Drähte, die sie zusammengehalten hatten. Auch den Abschied im Gottesdienst bereiteten die Jugendlichen des Religionskurses selbst vor. „Sie wählten eine Geschichte zum Vortragen aus, verfassten ein Gebet und Fürbitten. Eingeladen waren nicht nur evangelische Schüler, sondern alle, die daran Interesse hatten. Etwa 55 Schülerinnen und Schüler nahmen an dem Gottesdienst im Ökumenischen Gemeindezentrum teil. Die Predigt hielt der Schulreferent des Evangelischen Kirchenkreises Aachen, Ulrich Kämmerer“, so Carmen Brauns in ihrem Artikel.

Ganz ohne Widerstände konnten die Schülerinnen und Schüler der zehnten Klasse ihr Ziel nicht erreichen. Laut Bericht der Kirchengemeinde fanden es manche der Mitschüler albern oder überflüssig. Und die Stadtverwaltung glaubte zunächst an einen Schülerstreich oder einen Abi-Gag. Dabei hatten sich die Gymnasiasten ausführlich mit dem Thema „Tod und Sterben“, Organspende, Sterbehilfe und Bestattungsriten verschiedener Religionen beschäftigt. Mit ihrer Lehrerin Birgit Heck-Wattjes sprachen sie zudem über eigene Erfahrungen mit dem Tod und planen jetzt eine Exkursion in ein Aachener Hospiz. Schulreferent Ulrich Kämmerer griff diese Themen im Gedenkgottesdienst auf und betonte: „Gott hat diesen Menschen nicht vergessen. Er wird bei und mit Gott leben.“

Damit die Schülerinnen und Schüler der nächsten Generationen im Biologie-Unterricht allerdings nicht leer ausgehen, hat die Schule mittlerweile ein Kunststoff-Skelett angeschafft.

Bernd Becker, Pfarrer und Geschäftsführer des Evangelischen Presseverbandes für Westfalen und Lippe, 1. Juni 2016