Es müssen nicht immer vier Räder sein

Mittwochs-Kolumne - Paul Oppenheim


Elekro-Roller in China

Wer nachts in einer chinesischen Großstadt als Fußgänger unterwegs ist, lebt gefährlich.

Es lauern einem zwar keine Übeltäter auf, dafür zischen aber unsichtbare Wesen im Dunkeln an einem vorbei, und man kann froh sein, wenn man nur mit dem Schrecken davon kommt und nicht verletzt wird. Bei den gespenstischen Wesen handelt es sich um Mopedfahrer auf ihren Elektrobikes, den allgegenwärtigen elektrisch angetriebenen Rollern, Mofas oder Mopeds, die nachts prinzipiell ohne Licht fahren und gerne auch den Bürgersteig benutzen, wenn die Autos die Straße verstopfen. Seit vielen Jahren gibt es diese Fahrzeuge in China zuhauf, schon vor 10 Jahren waren 140 Millionen davon auf den Straßen des Landes unterwegs und seitdem kamen jährlich etwa 10 Millionen hinzu.

Es handelt sich wohlgemerkt nicht um irgendwelche Schickimicki-Fahrräder mit Hilfsmotor oder um sogenannte „Pedelecs“, die hierzulande ab etwa 2.000 Euro angeboten werden, sondern um vollwertige Mofas oder Mopeds, die locker mit 25 bzw. 45 Km/h unterwegs sind und für 200 bis 400 Euro zu haben sind!

Bei Tage sehen die Gespenster der Nacht ganz freundlich aus. Die E-Bikes gibt es in allen Farben, wobei die Farben Rosa und Perlmutt bei jungen Frauen besonders beliebt sind. Der abnehmbare Akku wird über Nacht zuhause an der Steckdose aufgeladen, tagsüber im Büro, im Geschäft oder während der Mittagspause beim Imbiss oder am Kiosk zusammen mit dem Smartphone nachgeladen – natürlich kostenlos. So gehört in China Elektromobilität längst zum Alltag!

Batteriebetriebene Elektroautos, mit denen Familien in den Urlaub fahren oder lange Autobahnstrecken zurückgelegt werden können, wird es niemals in großer Zahl geben. Bevor sie auf die Straße kommen, werden sie nämlich technisch schon überholt sein. Das weiß die Autoindustrie natürlich auch und hält sich zurück. Das Auto der Zukunft wird über eine Brennstoffzelle verfügen, die Wasserstoff in Elektrizität umwandelt und nur noch Wasserdampf an die Umwelt abgibt.

In der Zwischenzeit – gewissermaßen als Übergangstechnologie – wünschte ich mir auch in Deutschland das Elektromoped für 300 Euro, allerdings sollte es nicht ganz lautlos sein und das Fahren ohne Licht muss – wie beim Fahrrad – auch nicht sein. Bei Regen oder Kälte wäre mir ein batteriebetriebenes Kleinstauto zum erschwinglichen Preis auch ganz lieb. Beides ist jetzt schon machbar, auch ganz ohne Förderprogramm aus Steuergeldern.

Elektromotorroller gibt es übrigens auch in Deutschland, von BMW mit einer Höchstgeschwindigkeit von 120 Km/h für etwa 15.000 Euro, aber von anderen Herstellern und nicht ganz so schnell zu Preisen ab etwa 1.000 Euro[1].

Jetzt, wo der Frühling naht, beginnt die Zweiradsaison und dazu wünsche ich uns allen viele preiswerte Elektromopeds auf Deutschlands Straßen und allen E-Bikern: „Allzeit saubere Fahrt ohne Krach und ohne Abgase!“

Text und Foto: Paul Oppenheim, 10. Februar 2016