Umsturz der Ordnung
Barth über das Abendmahl
»Ein feinsinniger christlicher Denker der Gegenwart (Wilfred Monod) hat bemerkt, indem wir das Abendmahl feiern, vollziehen wir jedesmal still und unsichtbar einen vollständigen Umsturz der gegenwärtigen Welt- und Gesellschaftsordnung. Es ist wahr. Da essen wir alle vom selben Brot und trinken vom selben Wein, aus denselben Händen empfangen wir Alles; da ist keiner bevorzugt und keiner benachteiligt, sondern Alle bekommen einfach, was sie brauchen. Das ist in der Tat vorläufig ein Bild aus einer andern, zukünftigen Welt und passt herzlich schlecht zu dem Jagen und Rennen und Rasen um Verdienst und Gewinn, von dem unser gegenwärtiges Leben beherrscht ist. Umso wertvoller ist es uns als Weissagung auf jene zukünftige Welt und als Mahnung, schon jetzt unser Herz dorthin vorauszuschicken und daran zu arbeiten, dass die bessere Zukunft Gegenwart werde.« (Karl Barth, Predigt zu 1. Kor 11,23-26, in: Predigten 1913 (GA I.8), 113f)