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Reformierte in Deutschland distanzieren sich von Erklärung der Weltgemeinschaft zum Nahost-Konflikt
„Wir möchten unser Unverständnis zum Ausdruck bringen“ erklären die Lippische Landeskirche, die Evangelisch-reformierte Kirche und das Moderamen des Reformierten Bundes in Deutschland gemeinsam. Stein des Anstoßes ist eine aktuelle Erklärung der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen (WGRK) zum Nahost-Konflikt.
Die WGRK spricht darin von den „jüngsten Feindseligkeiten zwischen Israel und Palästina“. Das stößt bei Reformierten in Deutschland auf Unverständnis. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass die Weltgemeinschaft vermeidet, den terroristischen Angriff, der Israel heimgesucht hat, deutlich zu benennen. In der Erklärung der WGRK stehe nichts von Terror, und die Hamas werde nicht einmal erwähnt, so heißt es in dem Brief an die Weltgemeinschaft, der von Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden (Leer), Landessuperintendent Dietmar Arends (Detmold) und Bernd Becker, dem Moderator des Reformierten Bundes in Deutschland (Hannover) unterzeichnet wurde.
Man teile den Wunsch, die internationale Weltgemeinschaft dazu aufzurufen, sich für Gerechtigkeit in der Region einzusetzen, „damit es eine echte und dauerhafte Möglichkeit für Frieden geben kann“. Die Brutalität des Terrors, der Israel heimgesucht hat, müsse aber benannt werden. Gleichzeitig sei auch Israel angehalten, in seiner Reaktion das Völkerrecht zu wahren und Verhältnismäßigkeit der Mittel zu beachten. Israel habe jedoch sehr wohl das Recht, „die Täter zur Rechenschaft zu ziehen“, so das gemeinsame Statement der Reformierten in Deutschland.
Benannt werden in dem Schreiben auch die Folgen des terroristischen Angriffs für Israelis sowie Jüdinnen und Juden weltweit: „Israel wird nicht mehr als sicherer Ort wahrgenommen, in Deutschland werden Synagogen angegriffen, Israelflaggen gestohlen oder geschändet, Wohnhäuser werden von Antisemiten mit Davidsternen gekennzeichnet.“
Das Schreiben bezieht sich weiterhin auf Leitsätze, die der Reformierte Bund Deutschland bereits 1990 formuliert hat. Darin heißt es unter anderem: „Weil wir als Christen in einem besonderen Zusammenhang mit dem jüdischen Volk stehen, treten wir öffentlich für das Leben dieses Volkes ein. Wir widersprechen allen Bestrebungen, die das Lebensrecht Israels problematisieren und sind dem Staat Israel, besonders in seinen Gefährdungen und Bedrohungen, zugewandt und verpflichtet.“
Dass die WGRK in ihrer Erklärung dazu aufruft, „die Stimmen der palästinensischen Christen zu hören, wenn sie sich für Gerechtigkeit und Frieden in der Region einsetzen“ wird in dem gemeinsamen Statement der Reformierten in Deutschland aufgegriffen; verbunden mit der Selbstverpflichtung, sich diesem Anliegen in Zukunft stärker widmen zu wollen, „gerade vor dem Hintergrund der komplexen Situation und dem Leid auf allen Seiten“.
Den vollständigen Text finden Sie hier:
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An den Amtierenden Generalsekretär, die Exekutivsekretär:innen
und die Präsidentin der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen
Liebe Geschwister!
Mit diesem Schreiben möchten wir als Lippische Landeskirche, Evangelisch-reformierte Kirche und Moderamen des Reformierten Bundes in Deutschland unser Unverständnis über die Erklärung „Die Gemeinschaft ruft zum Frieden mit Gerechtigkeit auf“ zum Ausdruck bringen, wie sie am 10. Oktober 2023 auf www.wcrc.ch veröffentlicht wurde.
Wie kann es sein, dass die Erklärung allgemein von „jüngsten Feindseligkeiten zwischen Israel und Palästina“ spricht? Drei Tage vor Veröffentlichung dieses Statements der Weltgemeinschaft hat die Hamas vom Gazastreifen aus unfassbare Verbrechen an Zivilisten in Israel begangen. Dabei sind mehr als 1400 Menschen brutal ermordet worden. Zudem haben Militante mehr als 200 Menschen in das Gebiet am Mittelmeer verschleppt.
Natürlich wünscht sich jeder das, was die Erklärung der Weltgemeinschaft formuliert, nämlich dass die internationale Gemeinschaft dazu aufgerufen wird, „sich für Gerechtigkeit in der Region einzusetzen, damit es eine echte und dauerhafte Möglichkeit für Frieden geben kann“. Uns ist bewusst, Statements zu diesem Konflikt sind ein Drahtseilakt in einer politisch brisanten und vielschichtigen Gesamtsituation im Nahen Osten. Aus unserer Sicht ist es aber nicht nachzuvollziehen, dass die Weltgemeinschaft vermeidet, den terroristischen Angriff, der Israel heimgesucht hat, deutlich zu benennen. Von Terror steht nichts in der Erklärung, die Hamas wird nicht einmal erwähnt. Dabei hat die Hamas den schrecklichen Überfall auf Israel minutiös geplant und durchgeführt und nimmt die eigene Bevölkerung in Geiselhaft.
Keine Frage, die Gewalt im Nahen Osten insgesamt steht in einem politischen Kontext, zu dem auch die israelische Besatzungs- und Siedlungspolitik gehört. Die Brutalität dieses Terrors kann damit jedoch nicht einfach gerechtfertigt werden, sondern muss benannt werden. Natürlich ist auch Israel angehalten, in seiner Reaktion das Völkerrecht zu wahren und Verhältnismäßigkeit der Mittel zu beachten. Aber Israel kann und muss sehr wohl die Täter zur Rechenschaft ziehen. Wenn in der Erklärung der Weltgemeinschaft von „Verwüstungen des Krieges“ gesprochen wird - ohne den Terror der Hamas überhaupt zu benennen - vernebelt das die aktuelle Situation in Israel und den Palästinensischen Gebieten; zumal in der Erklärung des WCRC Israel hier stets zuerst als Partei genannt wird, wenn es in der Erklärung um „Feindseligkeiten“ oder „Konflikte“ geht.
Wir müssen uns insofern vom Wortlaut der Erklärung der Weltgemeinschaft distanzieren und können sie auch gegenüber der Öffentlichkeit nicht vertreten. Wir sehen in der Erklärung den Versuch einer Ausgewogenheit, der wir jedoch so nicht folgen können, da sie nicht an einer Stelle die Relevanz und die Auswirkungen des Massakers vom 7. Oktober anerkennt. Dazu gehören auch die Folgen dieses Angriffs für Israelis sowie Jüdinnen und Juden weltweit. Israel wird nicht mehr als sicherer Ort wahrgenommen, in Deutschland werden Synagogen angegriffen, Israelflaggen
gestohlen oder geschändet, Wohnhäuser werden von Antisemiten mit Davidsternen gekennzeichnet.
Hier machen wir deutlich, was der Reformierte Bund in Deutschland schon 1990 in seinen Leitsätzen formuliert hat („Wir und die Juden - Israel und die Kirche“):
Weil wir als Christen in einem besonderen Zusammenhang mit dem jüdischen Volk stehen, treten wir öffentlich für das Leben dieses Volkes ein und begleiten voll Hoffnung und Sorge das Leben der Juden im Land Israel und den Weg des Staates Israel. Wir widersprechen allen Bestrebungen, die das Lebensrecht Israels problematisieren. Mit unseren Gebeten und in politischer Verantwortung sind wir dem Staat Israel, seiner Lebensgestalt und seiner Entwicklung, besonders in seinen Gefährdungen und Bedrohungen, zugewandt und verpflichtet.
Dass die Stimme der palästinensischen Christinnen und Christen gehört wird, wozu die Weltgemeinschaft aufruft, ist uns ein Anliegen, dem wir uns gerade vor dem Hintergrund der komplexen Situation und dem Leid auf allen Seiten in Zukunft stärker widmen wollen.
„Erbittet Frieden für Jerusalem!“ (Psalm 122,6)
Unterzeichnet von:
Dr. Susanne Bei der Wieden (Kirchenpräsidentin Evangelisch-reformierte Kirche)
Dietmar Arends (Landessuperintendent Lippische Landeskirche)
Bernd Becker (Moderator Reformierter Bund)
Bernd Becker verurteilt in seiner Botschaft die terroristische Gewalt. Schockiert sei er außerdem, wie auch hierzulande jüdisches Leben und jüdische Einrichtungen bedroht sind.