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Abschied vom Feuer
Mittwochskolumne von Paul Oppenheim
Ältere erinnern sich womöglich an den französischen Film „Im Anfang war das Feuer“ (1981). Gebannt verfolgten wir damals auf der Leinwand, wie Gruppen von Urmenschen erbittert um den Besitz von Feuer kämpften und es endlich schafften, selber mit Feuersteinen Funken zu schlagen und Holz zu entzünden. Dies ist womöglich vor einer Million Jahren geschehen und seither brennt es allenthalben lichterloh. Nur der Mensch beherrscht die Technik des Feuermachens. Holz, Kohle, Öl werden von Menschen verfeuert, um zu heizen, zu kochen, Erze zu schmelzen und Energie zu erzeugen. Ohne Feuer hätte sich die Menschheit kaum von der Tierwelt absetzen können. Macht das Feuer gewissermaßen den Menschen zum Menschen?
Was aber geschieht mit uns, wenn allmählich das Feuer aus unserem Leben verschwinden soll, wenn es wegen seiner klimaschädlichen Auswirkungen immer mehr geächtet wird?
Aus britischen Wohnzimmern wurde die allgegenwärtige fireplace schon vor vielen Jahrzehnten verbannt. Das brennende Kaminfeuer steht nicht mehr für Gemütlichkeit, sondern für Umweltverschmutzung. Zu Beginn der diesjährigen Grillsaison wird mir bewusst, dass es auch damit ein Ende haben muss. Schon jetzt blicke ich mit Unverständnis auf Koteletts und Würstchen vom Holzkohlegrill. Grillen ist nicht weniger schlimm als das alte Diesel- oder Benzinauto. Für unsere Kinder hat ein Lagerfeuer nichts mehr mit Romantik zu tun. Alles was brennt, ist von gestern. Darum haben Gas- und Ölheizungen natürlich keine Zukunft mehr. In absehbarer Zeit sind auch Fondue und Crème brûlée genauso passé wie die altmodische Zigarette.
Nach einer Million Jahren wird das Blatt gewendet. Feuersteine, Streichhölzer oder Feuerzeuge können wir vergessen. Jetzt heißt es „Alles elektrisch“, Elektrizität aus Wasser, Wind-, Erdwärme und Sonnenkraft gewinnen, elektrisch Gase komprimieren und Wasserstoff erzeugen. Wir nehmen Abschied vom Feuer, das uns Neandertaler oder Homo erectus anvertraut haben und treten ein ins neue Zeitalter des Homo electricus.
Paul Oppenheim